Dienstag, 24. März 2009

Die Baubranche, das Faxgerät und die Kundenorientierung

oder auch: Warum man auch heute noch von der Erdscheibe herunterfallen kann.

Ich habe ja beruflich mit einigen Branchen zu tun, bisher aber recht wenig mit der Baubranche.
Aber nun nach einigen Monaten des privaten Kontaktes muss ich sagen, dass sie doch wirklich die Branche ist, die am angestaubtesten ist.

Das Standard-Medium für asynchrone Kommunikation ist das Faxgerät - falls nicht doch noch Briefe geschrieben werden. Fax war in den 70ern ein tolle Sache - aber wollen wir wirklich heute noch unsere alten Wählscheibentelefone mit 10m Kabel dran nutzen?

Aber die Baubranche verschickt tapfer weiter Faxe mit max. 33,6 kBit/s, mit einer Auflösung von 96 dpi (die Kenner der Faxszene schaffen es durch Drücken auf die Taste "Fein" ja immerhin auf 144dpi) und in Schwarz-Weiß.

Zu den Höhepunkten meiner Erfahrungen der letzten Monate zählte:
- Firma sendet Angebot per Brief, obwohl meine Anfrage mit Email einging inkl. Hinweis, dass ich Email bevorzuge.
- Firma weiß nicht, dass sie eine Email-Adresse hat, obwohl es auf dem Briefkopf steht.
- "Email-Adresse haben wir mal bekommen, Emails lesen wir aber nicht. Schicken Sie bitte ein Fax!"

Fazit: Liebe Blog-Leser, wenn ihr alte Faxgeräte habt, die ihr wegschmeißen wollt - verkauft sie lieber in die Baubranche, die wollen den Schrott echt noch!

Ein anderes Phänomen ist der Kundenumgang. In meiner Firma ist es normal, dass einem Angebot nach einigen Tage nachtelefoniert wird:
"War das Angebot in Ordnung? Wie zufrieden sind sie damit? Brauchen Sie noch weitere Produkte oder Beratung?"

Nicht so in der Baubranche. Ich wurde kein einziges Mal von jemand angerufen. Da ich Fragen hatte, habe ich angerufen.
Manchmal recht mürrisch wurden mir die Fragen beantwortet - man gab mir direkt das Gefühl, dass es unverschämt ist, nachzufragen.
"Das bieten wir immer so an!"
"Nein, unsere Angebote sind nicht unverständlich für den Laien!"

Auch freundliche Hinweise wie "Den Inhalt des Angebotes haben wir nun festgezurrt, könnten Sie sich vorstellen, am Preis noch etwas zu machen. Momentan liegen Sie ganz hinten" wurden von einem Mitarbeiter begegnet mit "Dann kaufen Sie doch woanders!"

Ich sage mal: Man muss nicht jeden Preis mitgehen, aber man das doch nicht so dem Kunden sagen.
Hallo? Noch nie eine Verkaufsschulung besucht? Antworten wie "Wir können nichts mehr machen, unsere Einkaufspreise lassen uns hier weniger Spielraum" oder "Bei einem geringeren Preis wird das Geschäft für uns uninteressant, entschuldigen Sie" sind doch weitaus geeigneter.

Was mir auch auffällt ist, dass die Menschen der Baubranche anscheinend in ihrer Ausbildung beigebracht bekommen, entweder den Mund beim Sprechen konsequent geschlossen zu halten um damit die Worte in Bell- oder Röchellaute zu hüllen oder aber sie sprechen durch die glühende Zigarette zu dir.

Ales sehr weit weg von "Kundenorientierung"!

Ich glaube, dass viele (Klein-)Firmen der Baubranche in den nächsten Jahren das Thema "Kundenorientierung" lernen werden oder aber über den Jordan gehen.
Solch ein Verhalten werden sich nur echte Preisführer leisten können - und die sind unter den Kleinbetrieben selten zu finden.

Und das letzte Phänomen über das ich heute berichten möchte, ist die fehlende Fähigkeit, zwischen "verstehen" und "hören" unterscheiden zu können.

Wenn ich sage "Das verstehe ich nicht" dann bekomme ich im Regelfall den Satz nochmal wortwörtlich wiederholt.
Sagte ich denn "Ich verstehe nicht" oder sagte ich "Ich höre nicht"......
Anscheinend ist es vielen Leuten nicht möglich, für ein Fachwort (häufig auch lediglich ein regional eingesetztes Wort) ein Synonym zu finden oder gar eine Umschreibung hin zu bekommen.

Fröhliches Bauen!

5 Kommentare:

bautagebuch.podubrin.de hat gesagt…

um mal in der heutigen Sprache zu verbleiben

QFT
;)

Markus hat gesagt…

Hahaha! Wie ich das kenne!

Gaaanz am Anfang unseres Bauvorhabens mit einem Tiefbauer wegen der Bodenplatte gesprochen. Er hatte definitiv eine Zigarette im Mund oder einen Sprachfehler. Seine Antwort war: "Ich melde mich bei Ihnen!" Bis heute kam - nix!

Ein Angebot eines Haushersteller kam ganze 2 (!) Monate nach unserer Anfrage, da war der Vertrag mit FH schon lange unterzeichnet.

10 Elektrofirmen ANGEFAXT :-) wegen Baustromverteiler - bis heute hat eine Firma per Fax geantwortet. Mail habe ich erst gar nicht ausprobiert.

- Fortsetzung folgt -

Anonym hat gesagt…

Schließen Sie immer von einem auf alle. Leider etwas kurzsichtig.

Bin Hausverkäufer/Baubetreuer & wir arbeiten ausschließlich über e-mail und unser Extranet. Auch die Kommunikation mit dem Vermesser, Architekt und Kellerbauer/Erdbauer geht ausschließlich über mail.

Faxgerät was ist das ???

Bitte beleidigen Sie nicht eine ganze Brachen, nur weil Sie bei einem verstaubten Unternehmen gelandet sind.

Frank hat gesagt…

Hallo anonymer Kommentarschreiber,
zuerst einmal Danke für den Kommentar.
Ich glaube aber, Sie fühlen sich hier ein wenig zu Unrecht angegriffen.
Meine subjektive Erfahrungen mit Firmen aus der Baubranche führten bei mir zu der Meinung, dass viele der Marktteilnehmer mit veralteten Mitteln (Fax z.B.) arbeiten und auch wenig kundenorientiert handeln.
Ich schrieb "viele", ich schrieb nicht "alle". Es gibt einige, aber meinem Empfinden nach leider viel zu wenige Ausnahmen, die moderner und besser arbeiten - wie zum Beispiel FingerHaus.
Oder auch wie anscheinend Ihr Unternehmen, wie Sie berichten.
Ich sagte ja auch nie, dass es NUR veraltete Unternehmen in der Baubranche gibt!

Insbesondere habe ich in meinem Beitrag nicht von einem Einzelfall aus generalisiert sondern von einer Vielzahl an Erfahrungen eine Grundannahme abgeleitet - das ist etwas anderes!

Wenn Sie die Meinung vertreten, dass die Baubranche als ganzes gesehen eher zu den avantgardistischen, fortschrittsdrängenden Wirtschaftsbereichen zu zählen ist, dann dürfen Sie uns das gerne erläutern.

Meine Erfahrungen hier mit Estrichbauern, Laminat- und Bodenlegern, Erdbauern usw. hat mich leider die letzten Monate andere Schlüsse ziehen lassen - dass diese natürlich subjektiv sind ist klar!

Torsten hat gesagt…

Ich muss die doch "besondere Baubranche" bestätigen, die Mehrzahl der kontaktierten Verkäufer im Bauumfeld und auch speziell in der Fertighaus-Ausstellung hinterliessen einen zwiespältigen Eindruck und Kundenorientierung scheint ebenso ein Fremdwort wie Verkäuferschulung...

Nach Gesprächen mit der Frau vom Empfang der Austellung, ist die Fluktuation der Berater extrem hoch, dies wird durch Aussagen länger ansässiger Berater untermauert "man freundet sich erst an, wenn einer mal 2-3 Jahre hier ist..."

Mittlerweile glaube ich auch zu wissen warum, denn das sind häufig, um nicht zu generalisieren *grins*, freie Handelsvertreter oder Vermittler. Soll heissen, da steht leider der Vermittlungsgedanke und die Provision im Vordergrund, nur dass der Kunde meist vorher nicht weiss, dass er nicht wirklich mit einem Angestellten des Herstellers "verhandelt". Das war zumindest in zahlreichen Fällen bei uns so.

Dann die Marotte, illusorisch niedrige Ab-Preise anzugeben, die ausschliesslichen Lockvogel-Charakter haben. Oder keine konkrete Preis-Infos vorab, um sich ein Bild zu machen, ob ein Hersteller eher in die Lidl- oder Feinkost-Ecke einzustufen ist usw.

Auch ich warte heute noch auf diverse Angebote von Hausverkäufer, denen muss es wirklich zu gut gehen, dass sie es sich erlauben können, Angebotesanfragen zu ignorieren...

Übrigens betrifft das auch FingerHaus, denn auch dort musste ich mich nach über 4 Wochen in der Zentrale wegen ein paar Dingen beschweren, und was war das Ergebnis ? Noch am Tag des Eingangs des Schreibens in der Zentrale, bekam ich ein Angebot von, wer hätte es geahnt, einem Handelsvertreter, nämlich dem, der mich beim Beratungsgespräch in der Ausstellung im Glauben liess, er sei ein FH-Mitarbeiter, zumindest hat er nicht erwähnt, dass er nicht zu FH gehört.

Von der Art gibt es diverse weitere Erfahrungswerte und da wir gerade erst am Beginn unseres Bauvorhabens sind, geht ein entsprechender Blog in Kürze an den Start :-)